Spezielle Berufs-Infostände in Halle 1 und Schülertag „Nordjob Bau“ Die NordBau ist seit jeher ein Branchentreff, auf dem Produkte direkt in Augenschein genommen und Kontakte geknüpft werden. Warum dort nicht…
Wohnraum stapeln oder Lebensraum gestalten?
Wohnen ist ein Grundrecht und kein Luxus. Die Realität zeigt, dass bezahlbarer Wohnraum immer knapper wird. Der Druck wächst inzwischen bis in die Mitte der Gesellschaft. Junge Familien, Studenten und Alleinerziehende, aber auch Menschen, die ihren Wohnort aufgrund eines Jobwechsels ändern müssen, gehören zu den Leidtragenden dieses Missstandes.
„Wohnraum stapeln oder Lebensraum gestalten?“ Unter diesem provokanten Motto hat die Kieler Landtagsabgeordnete Özlem Ünsal und wohnungsbaupolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion am 25. September 2018 zu ihrer Auftaktreihe ins Landeshaus eingeladen. Sie nannte den Wohngipfel der Bundesregierung einen ersten Schritt in die richtige Richtung. „Doch all das wird nicht ausreichen, um das Problem langfristig zu lösen“, so Ünsal.
Doch was kann das Land Schleswig-Holstein und seine Kommunen am Beispiel Landeshauptstadt Kiel tun, um der steigenden Nachfrage nach bezahlbaren Wohnraum gerecht zu werden? „Manchmal hilft ein Blick über den Tellerrand, um zu zeigen, wie man es strukturiert und zielgerichtet angehen kann“, betont Ünsal. Aus diesem Grund hielt Prof. Dr. Kunibert Wachten, Leiter des Instituts für Städtebau und Landesplanung an der RWTH Aachen, einen Vortrag über „Soziales und leistbares Wohnen“ am Beispiel der Stadt Wien.
Dort zielt der Bau von gefördertem Wohnraum nicht nur auf Geringverdiener, sondern ist ein Mittelstandprogramm. Während bei uns die Einkommensgrenze für einen Wohnberechtigungsschein bei 16.000 Euro liegt, sind es in Wien 44.000 Euro für eine Person. „Dadurch ist eine höhere soziale Durchmischung gewährleistet“, erklärt Wachten und weist darauf hin, dass den Mietern ein Eigenanteil abverlangt wird, um die Bindung zur Wohnung zu erhöhen.
Wichtig sei auch eine alltagstaugliche Qualität der Wohnquartiere. „Das Erdgeschoss ist nicht gut zum Wohnen geeignet“, so Wachten. Besser ist, wenn dort Stellflächen für Kinderwagen, Fahrräder und Spielzeug geschaffen werden. Und für belebte Lebenszonen: Geschäfte, Restaurants, Ärzte, Vereine, Freizeitclubs usw.
Die Dächer von Stadthäusern bieten sich für Gartenanlagen an, die von der gesamten Hausgemeinschaft genutzt werden. Wachten nennt das Prinzip: „Weniger von dem Individuellen, mehr für die Gemeinschaft.“ Wichtig sei nach seinen Worten auch, dass die Bewohner frühzeitig in der Planungsphase beteiligt werden. „Wir haben schon mal schlechte Erfahrungen mit Wohnblocks gemacht, die zu sozialen Brennpunkten wurden. Derzeit dürfen keine städtebaulichen Fehlentscheidungen getroffen werden.“
Auch wenn das Bauland begrenzt ist, gäbe es keinen Zwang in die Höhe zu bauen. „Kiel muss keine Hochhäuser haben“, meint der Professor. Er rät zu einer Doppelstrategie. „Man sollte nicht nur auf die Großstädte setzen. Man muss dem Wohnen im ländlichen Raum einen anderen Stellenwert geben. Es muss an Attraktivität gewinnen.“
„Wie kann der Traum von den eigenen vier Wänden gefördert werden?“, fragt Alexander Blažek von Haus & Grund. „Die Wohnraumförderung in Schleswig-Holstein läuft dieses Jahr aus. Vielleicht kann da auf Landesebene nachgebessert werden“, antwortet die Kieler Abgeordnete Özlem Ünsal. Bezahlbar Mieten und bezahlbar kaufen muss gleichermaßen möglich sein. Schließlich ist auch die selbst genutzte Immobilie eine gute Altersvorsorge. „Wir bleiben dran an diesem Thema und werden zur fundierten politischen Debatte mit unserer Reihe beitragen“, verspricht sie.
(Text: Frahm; Foto: ©Schreinerkastler)