Skip to content

Zwischen allen ener­ge­tischen Stühlen

Mittlerweile zweifelt kaum noch jemand ernsthaft daran, dass an der Reduzierung unseres Ressourcenverbrauchs kein Weg vorbeiführt. Dabei ist die energetische Verbesserung unserer Wohnverhältnisse ein entscheidender Faktor. Doch gehen Energieberatung und Förderungen oft an der Realität von Bestandsbauten vorbei.

Sicher, wandelt man das Sprichwort „wie man sich bettet, so liegt man“ ab, so erhält man: Wie man ein Haus kauft, so wohnt man. Für unser Thema bedeutet das, niemand ist gezwungen, einen Altbau zu bewohnen, angehende Hausbesitzer haben ja die freie Wahl. Sie könnten also auch ein Passiv- oder KfW-Standard-Haus bauen oder kaufen.

Nur kann man Nachhaltigkeit auch so verstehen, dass sich neue Gegenstände zuerst energetisch amortisieren müssen, bevor sie den Vorteil ihres jüngeren Technikstandards und damit ihrer Effizienz ausspielen können. Ein neu zu bauendes Haus müsste also zuerst den Energieaufwand für seine Erstellung durch geringeren Energieverbrauch wieder „einspielen“, bevor im Vergleich zum Altbau eine reale Einsparung entsteht.

Es gibt also – neben der Verfügbarkeit und Ästhetik von Altbauten – durchaus auch gute energetische Gründe, lieber ein altes Haus ertüchtigen als ein neues bauen zu wollen. Doch ist das nicht unbedingt ebenso leicht in die Tat umzusetzen, wie man es sich vorstellt.

Dämmen
Eine der wenigen energetischen Maßnahmen, die nicht nur unumstritten, sondern auch beinahe in jedem Objekt mit geringem Aufwand durchzuführen ist, ist die Dämmung der sogenannten obersten Geschossdecke. Warme Luft steigt nach oben, über dem obersten zu Wohnzwecken genutzten Geschoss sollte sinnvollerweise eine Dämmschicht aufgebracht werden. Ob nun aus Steinwolle oder verschiedenen Naturfasern, ist dann beinahe bloße Geschmacksfrage.
Ob waagerecht zum darüberliegenden Dachboden oder im Dachgeschoss zur schrägen Dachfläche – mit den Mitteln des modernen Trockenbaus halten sich Kosten und Arbeitsaufwand in Grenzen.

Achtung gilt dann nur noch der Fragen von Dampfdichtigkeit und Vermeidung von Kältebrücken. Schwieriger wird es bereits mit den senkrechten Wänden. Verbreitete Wärmedämm-Verbundsysteme auf der Basis von Polystyrol geraten zunehmend in die Kritik, seit ihre Halbwertszeit und Entsorgungsproblematik bekannt wird. Grundlegender sind aber tatsächlich ästhetische Einwände: Bringe ich es übers Herz, eine schöne Backstein- oder Fachwerkfassade hinter einer wie auch immer gearteten Verschalung zu verstecken?

Bleibt die Dämmung von innen – allerdings sind Aufwand und bauphysikalische Risiken deutlich höher. Außerdem wird der Wohnraum verkleinert, was nicht bei jedem Haus in Frage kommt. Ist schließlich kein Hohlraum in zweischaligem Mauerwerk vorhanden, fällt auch die Einblas-Dämmung als Option aus.
Bleibt die Fassade ungedämmt, folgen weitere Ertüchtigungs-Probleme auf dem Fuße. Schließlich dürfen nun die zu erneuernden Fenster den Wärmedurchgangskoeffizienten der Wand nicht unterbieten, sonst droht Kondensfeuchte in den Leibungen. Die Konsequenz: Statt modernster drei- bleibt nur eine zweifache Verglasung.

Heizen
Die Methode, wie Wärme überhaupt ins Haus gelangt, ist selbstverständlich die Königsdisziplin des Energiesparens. Doch auch hier tut sich manch Zwiespalt auf, wenn es um die Verbesserung im Bestand geht.

Bei weitem nicht jedes Haus, dass aktuell noch mit einer alten Ölheizung betrieben wird, liegt auch dort, wo ein Anschluss an das Gasnetz verfügbar ist. Und selbst dieser (oder die Variante Flüssiggas) wäre als Nutzung eines fossilen Energieträgers aus Klimaschutzperspektive nur eine zweitbeste Lösung. Was bleibt? Pellet-Heizungen stehen nicht nur in der Kritik wegen hoher Kosten, sie sind auch aufgrund technischer Besonderheiten in puncto Wartung und Handhabung nicht mit konventionellen Heizsystemen vergleichbar. Außerdem wird der Co2-Ausstoß bei der Verbrennung von Holz nur auf lange Sicht durch das Nachwachsen von Bäumen wieder ausgeglichen. Dies gilt grundsätzlich auch für alle anderen Lösungen (wie etwa wasserführende Kaminöfen und dgl.), die auf den Rohstoff Holz setzen.

Wärmepumpen sind in Neubauten bereits das zweithäufigste Heizsystem nach der Gasbrennwerttherme. Dass sie in Bestandsbauten praktisch keine Rolle spielen, wird in der Regel damit begründet, dass nur bei großflächigen Fußbodenheizungen die niedrige Vorlauftemperatur ausreiche und andernfalls die anfallenden Stromkosten jede Ersparnis durch kostenlose Umgebungsenergie zunichte machten.

Doch ist das wirklich so? Versierte Heizungsbauer empfehlen Folgendes: „Reduzieren Sie an einem wirklich kalten Tag die Vorlauftemperatur Ihrer alten Heizung auf 50°C, drehen die Thermostatventile auf und warten. Wird das Haus angenehm war, dann ist Ihr Haus auch für eine Wärmepumpe geeignet.“
Insbesondere, wenn der für die Wärmepumpe benötigte Strom aus der eigenen Photovoltaikanlage stammt. Was allerdings beim Bestandsbau nur bedingt planbar ist – die Bäume ums Haus sind schon mit dem Haus gealtert und groß geworden. Da ist es wieder, das Machbarkeitsdilemma.

(Text: Sellhoff; Foto: VPB)

 

An den Anfang scrollen